Gesundheitsausschuss billigt Tierschutzgesetz-Novelle
Österreich – Tierschutzagenden fallen seit 2005 in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Neben der Diskussion des Tierschutzberichts 2007/08 wurde in der letzten Sitzung vor der Sommerpause eine Novelle zum Tierschutzgesetz gebilligt, die vor dem Hintergrund von Auslegungsproblemen in der Vollziehung erforderlich geworden ist.
So sollen Tierhalteverbote künftig auch dann verhängt werden können, wenn von einer Strafverfolgung wegen Tierquälerei aufgrund diversioneller Maßnahmen abgesehen wurde. Weiters ist vorgesehen, durch Datenweitergabe zwischen den zuständigen Behörden der einzelnen Bundesländer das Umgehen von Tierhalteverboten zu verhindern. Ein von den Koalitionsparteien zum Gesetzentwurf vorgelegter und bei der Abstimmung mitberücksichtigter Abänderungsantrag sieht die Einrichtung von zwei neuen Gremien im Bereich des Tierschutzes vor. Zum einen soll eine Tierschutzkommission den Gesundheitsminister künftig in Fragen des Tierschutzes beraten und Empfehlungen aussprechen.
Ihr gehören auch VertreterInnen der fünf Nationalratsfraktionen an. Aufgabe eines mit Länder- und RegierungsvertreterInnen besetzten Vollzugsbeirats wird es dem gegenüber sein, sich mit Vollzugsproblemen auseinanderzusetzen. Der bereits bestehende Tierschutzrat soll in Hinkunft in erster Linie als wissenschaftliches Gremium fungieren. Begründet wird dieser Schritt von den Abgeordneten damit, dass sich der Tierschutzrat in der derzeitigen Form als schwerfälliges und wenig effizientes Beratungsgremium erwiesen habe und in Sachen Tierschutz eine Vorwärtsstrategie notwendig sei.
Gemeinsam mit dem Gesetzentwurf verhandelt wurden drei Entschließungsanträge der Grünen, die auf höhere tierschutzrechtliche Standards bei der Schweinehaltung (713/A[E]), die Umsetzung der Empfehlungen des Tierschutzrats hinsichtlich der Enthornung von Kälbern (818/A[E]) und die tierschutzkonforme Tötung von Krustentieren mittels geeigneter Elektroschock-Betäubungsapparate (819/A[E]) abzielen. Zudem stand ein Entschließungsantrag des BZÖ mit zur Diskussion, in dem Abgeordneter Gerald Grosz die Verankerung von Mindestanforderungen für die Haltung von Zehenfußkrebsen im Tierschutzgesetz fordert. Abgeordnete Christiane Brunner (G) erklärte, die Grünen stimmten der Regierungsvorlage zu. Hinsichtlich des Abänderungsantrags behielt sie sich jedoch noch eine Prüfung bis zur Plenarsitzung vor. Sie äußerte sich skeptisch, ob Tierschutzanliegen im neuen Vollzugsbeirat ausreichend berücksichtigt würden.
Ihr Fraktionskollege Wolfgang Pirklhuber machte darauf aufmerksam, dass in der neuen Tierschutzkommission die Koalitionsparteien eine klare Mehrheit hätten. Generell ortet Brunner vor allem in der Schweinehaltung Tierschutz-Defizite. Noch immer lebten 75 % der Mastschweine auf Vollspaltenböden ohne Stroheinstreu, kritisierte sie. Auch eine Kastration bei männlichen Tieren ohne Schmerzausschaltung sei nach wie vor geläufig. Nicht tierschutzgerecht ist für Brunner darüber hinaus die derzeitige Art der Enthornung von jungen Kälbern, die Haltung von Krebsen mit zusammengebundenen Scheren in engen Aquarien und der Umstand, dass diese lebend ins kochende Wasser geworfen würden.
Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) begrüßte die vorliegende Gesetzesnovelle und schloss sich auch vielen Forderungen der Grünen an. Dennoch wird das BZÖ ihm zufolge den Grün-Anträgen nicht zustimmen, da er nicht alle Punkte teilen könne. Abgeordneter Franz Eßl (V) qualifizierte die Anträge der Grünen überhaupt als in weiten Bereichen überzogen. Er stellte allerdings Verhandlungen über den G-Antrag betreffend Krustentiere in Aussicht und beantragte daher dessen Vertagung.
Abgeordneter Dietmar Keck (S) gab zu bedenken, dass Tierschutzbestimmungen auch vollziehbar sein müssten. In diesem Sinn beurteilte er die neuen Gremien positiv. Das Tierschutzgesetz enthalte insgesamt sehr strenge Tierschutzbestimmungen, betonte Keck, gestand aber zu, dass es Vollzugsprobleme gebe. Er wandte sich dennoch dagegen, für jede einzelne Tierart eigene Bestimmungen zu beschließen, nur weil der Vollzug nicht immer funktioniere. Keck hofft, dass es künftig zu einer Vereinheitlichung im Vollzug kommen wird.
Abgeordneter Bernhard Vock (F) äußerte sich über die Einbeziehung der Oppositionsparteien in die neue Tierschutzkommission erfreut. Er klagte aber, dass das strenge österreichische Tierschutzgesetz durch viele Verordnungen aufgeweicht werde. Solange der Vollzug nicht besser funktioniere, werde es immer neue gesetzliche Anträge für einzelne Tiere geben, prophezeite er. Bei der Abstimmung wurde die Tierschutzgesetz-Novelle unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages mit S-V-F-B-Mehrheit angenommen. Die Oppositionsanträge wurden abgelehnt beziehungsweise, was den G-Antrag betreffend Krustentiere betrifft, vertagt.
Bereits zuvor hatte Gesundheitsminister Alois Stöger im Rahmen der Diskussion über den Tierschutzbericht dem Tierschutzgesetz eine hohe Wirksamkeit bescheinigt. Allerdings ortet er auch Vollzugsschwierigkeiten. Es sei ein großes Problem, dass der Bund auf die Vollziehung des Gesetzes, die Ländersache sei, keinen Einfluss habe. Eine Möglichkeit, für Importprodukte die gleichen Tierschutzstandards vorzuschreiben, wie sie in Österreich gelten, sieht Stöger derzeit nicht. Er setzt seine Hoffnung auf das von ihm angestrebte Gütesiegel “tierschutzgerecht”, um KonsumentInnen verstärkt zum Griff von tierschutzgerecht erzeugten Produkten zu bewegen. Stöger räumte allerdings ein, dass ihm in dieser Frage noch die Zustimmung des Koalitionspartners fehle.
Abgeordneter Bernhard Vock (F) wies darauf hin, dass es in Niederösterreich immer noch einen Betrieb gebe, der sich über das Verbot der Käfighaltung von Legehennen hinweg setze. Er forderte überdies die zahlreichen bestehenden Verordnungen endlich dem Tierschutzgesetz anzupassen. Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) regte an, kleinen landwirtschaftlichen Betrieben Investitionsförderungen zu gewähren, damit sie ihre Stallgebäude tierschutzgerecht ausstatten könnten. Abgeordneter Dietmar Keck (S) machte auf die aufgedeckte Manipulation der Kennzeichnung von Eiern in großem Stil durch einen österreichischen Betrieb aufmerksam. Dieser hat ausländische Eier aus Käfighaltung in Österreich zu Freilandeiern umgestempelt. Der Tierschutzbericht 2007/08 wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
LINK EMPFEHLUNG: Österreichisches Parlament
So wild wie im ukrainischen Parlament geht es in Wien nicht zu …
Quelle: ots / Foto: Gryffindor (1) – Michael Ziemann (2)
Werbung