Vogelsterben durch Salmonellen im Raum Vorarlberg – Bayern weitet sich aus
Vorarlberg – In den vergangenen Wochen gingen im Naturkundemuseum “inatura” in Dornbirn etliche Anfragen zu verendeten Erlenzeisigen ein. Die Vermutung lag nahe, dass die Vögel gegen Glasscheiben geprallt waren. In einzelnen Fällen konnte dies auch nachgewiesen werden.
Nun gingen aber im Naturkundemuseum gehäuft die Meldungen ein, dass in Bayern in den vergangenen Wochen Hunderte Erlenzeisige an einer Salmonelleninfektion verstorben sind. Es ist anzunehmen, dass diese Krankheit auch bei den Vorarlberger Singvögeln grassiert.
Tierfreunde sollten daher verstärkt auf die Hygiene an Futterhäuschen achten und folgende Schutzmaßnahmen beachten:
- Tote Vögel sollten umgehend von den Futterstellen entfernt werden. Sonst werden die Kadaver verschleppt und tragen so zur Ausbreitung der Krankheit bei. Hauskatzen sollten am Verzehr infizierter Vögel gehindert werden.
- Futterhäuschen an denen kranke oder tote Vögel beobachtet wurden, sollte man abbauen. Vor der Wiederverwendung (in der folgenden Saison) sollten sie mit heißem Wasser und Spülmittel bzw. handelsüblichen Desinfektionsmitteln gereinigt werden.
- Futterhäuschen, bei denen große Mengen Futter auf den Boden fallen oder die Tiere das Futter mit ihrem Kot verschmutzen können, sollten ersetzt werden. Moderne Futterhäuschen haben einen Futterspender, der nur so viel Futter abgibt wie der Vogel frisst. Eine Verkotung des Futters ist dadurch ausgeschlossen.
- Auf den Boden gefallenes Futter zusammenfegen und ebenfalls entsorgen. Bei diesem, permanent feuchten und oft verkoteten Futter ist die Ansteckungsgefahr besonders groß. Beim Hantieren mit dem Vogelhäuschen sollte man immer Einmalhandschuhe tragen und sich danach die Hände gut waschen. Auch Menschen und Haustiere können sich mit Salmonellen infizieren.
Auffallend stark waren bereits im Dezember die Einflüge der Erlenzeisige in Vorarlberg. Besorgte Anrufer meinten gar, sie würden heimischen Meisenarten von den Futterhäuschen vertreiben. In normalen Wintern ist der Erlenzeisig nur ein seltener Gast am Futterhaus, er findet in den heimischen Mischwäldern ausreichend Winterfutter. Der Erlenzeisig ist zwar auch in Vorarlberg heimisch, bei den großen Mengen zurzeit anwesender Vögel handelt es sich aber wahrscheinlich um Wintergäste aus Nordosteuropa. Erlenzeisige sind relativ leicht zu erkennen. Sie sind deutlich kleiner als Sperlinge, haben einen kurzen kräftigen Schnabel und ein überwiegend grünlich-gelbes Gefieder. Nur die Brust ist hell gefärbt. Meist sind die Erlenzeisige in Trupps von bis zu 50 Vögeln am Vogelhaus zu beobachten. Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch eine intensiver grüne Färbung am Rücken und eine dunkle Kappe sowie ein dunkles Brustlätzchen. Leider häufen sich seit Januar die Meldungen über tote und kranke Vögel, die oft in der Nähe von Vogelfutterstellen beobachtet werden. Es handelt sich bisher fast ausschließlich um Erlenzeisige.
Tote und kranke Tiere wurden bisher aus dem Rheintal, dem Walgau und Montafon gemeldet. Kranke Tiere erkennt man an ihrem apathischen Verhalten, sie bewegen sich kaum noch und verlieren jede Scheu vor dem Menschen. Mittlerweile sind Erkrankungen auch bei Vögeln in Salzburg und Kärnten, sowie im Raum Konstanz (D) und im Schwarzwald (D) registriert worden. In der Vogelklinik in Oberschleißheim (D) wurden etliche tote Singvögel aus Bayern untersucht. Die Vögel waren eindeutig an Salmonellose erkrankt und sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch daran gestorben. Erlenzeisige sind dafür bekannt, dass sie sehr empfindlich auf Salmonellosen reagieren.
Erlenzeisig am Futterplatz
Nirgendwo lässt sich das Treiben der Singvögel besser beobachten als bei der Winterfütterung. Gerne würde man sich auch im Sommer einen Logenplatz im „Federkino“ reservieren, indem man die Vögel auch in der warmen Jahreszeit mit Futter anlockt. Aufgrund der derzeit herrschenden Salmonellenepidemie raten die inatura-Fachberater dringend von einer Weiterfütterung der Singvögel in der warmen Jahreszeit ab. Nach wie vor melden besorgte Anrufer aus ganz Vorarlberg fast täglich kranke bzw. verendete Singvögel. Neben Hunderten Erlenzeisigen sind auch einzelne Meisen, Gimpel und Buchfinken in Vorarlberg betroffen. Sogar manche Katzen sind nach dem Verzehr infizierter Vögel erkrankt. Die Experten hoffen, dass sich die Situation entspannt, wenn die Tausenden Zeisige im Frühjahr zurück in den Norden fliegen. Umgekehrt steigt das Infektionsrisiko bei den hier verbleibenden Singvögeln, da sich die Salmonellen bei höheren Temperaturen exponentiell vermehren. Futterstellen und Vogeltränken werden so erst recht zu Brutstätten einer Infektion. Die Bakterien werden über den Vogelkot ausgeschieden und finden in feuchten Futterresten ein ideales Substrat. Derart kann den Vögeln die Konzentration auf einzelne, von Menschen bereitgestellte Futterstellen zum Verhängnis werden.
Bereits vergangenen Sommer forderten deutsche Naturschutzorganisationen zu einem Stopp der Sommerfütterung von Singvögeln auf. In weiten Teilen Nord- und Mitteldeutschlands verendeten Tausende Vögel an einer Trichomonaden-Infektion. Auch diese Einzeller werden fast ausschließlich an Vogeltränken und Futterstellen übertragen. Sie siedeln sich dann im Kropf der Vögel an und schwächen ihre Wirte zusehends. Das Krankheitsbild ist einer Salmonellose sehr ähnlich, die Vögel wirken matt, zeigen kaum Fluchtverhalten und leiden an Atemnot. Untersuchungen im kommenden Sommer werden zeigen, ob es auch Kreuzinfektionen mit beiden Erregern bei den heimischen Vögeln gibt. Natürlich gibt es prinzipiell auch Argumente die eindeutig für eine Sommerfütterung der Singvögel sprechen. In Großstädten sowie in „Agrarwüsten“ mit ausgedehnten Monokulturen ist tatsächlich eine Strukturarmut gegeben, die sich negativ auf die Singvögel auswirken kann. Direkte Futtergaben sind aber nur eine Möglichkeit zur Abhilfe. Genauso wichtig ist es, im eigenen Umfeld entsprechende Strukturen in Form von naturnaher Bepflanzung mit heimischen Gewächsen zu schaffen. Auch künstliche Nisthilfen sind förderlich, wenn sie entsprechend rein gehalten werden können.
In der gegenwärtigen Situation ist eine Weiterfütterung der Singvögel allerdings in jedem Fall kontraproduktiv. Die inatura-Fachberater empfehlen, die Futterstationen sofort abzubauen und sie vor der Einlagerung mit heißem Wasser und Schmierseife gründlich zu reinigen. Jeder sollte gerade jetzt auch kritisch prüfen, ob sein Futterhäuschen noch zeitgemäß ist. Futterstationen, bei denen das Futter bei Regen leicht nass wird, sind ungeeignet. Auch Häuschen, die so gebaut sind, dass sich das Futter mit dem Vogelkot vermengen kann, stellen ein großes Risiko für die Vögel dar. Derartige „Bakterienschleudern“ sollten am besten gleich entsorgt werden. Bis zum nächsten Winter bleibt genügend Zeit, sich im Fachhandel hygienischere Futterspender anzuschaffen!
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Erlenzeisig
Quelle / Fotos: inatura / Nadine Wolf, Maria Berg